DIE FUNKTIONSWEISE DES AUGES
Die Welt mit den Augen von Hund und Katze
Als Mensch denkt man vielleicht, dass die Sehfähigkeit unserer Haustiere den unseren
unterlegen ist. Sie ist verschieden, jedoch ist sie den Lebensumständen angepasst.
Das Sehvermögen ist von vielen Faktoren abhängig – das Gesichtsfeld, die Tiefenwahrnehmung
(der Fähigkeit Distanzen abzuschätzen), der Sehschärfe (der Fähigkeit zu fokussieren),
das Bewegungssehen und das Farbsehen. All diese Funktionen müssen dann vom Gehirn
verarbeitet und zu einem Bild zusammengesetzt werden. Obwohl wir unsere Haustiere
nicht bitten können, eine Sehtafel zu lesen, ist es doch möglich, durch Vergleichsstudien
Schlüsse auf ihr Sehvermögen zu ziehen.
Das räumliche Sehen ist vom Überlappen der Gesichtsfelder der beiden Augen
abhängig (binokulares Sehen). Es hängt wie auch das periphere Sehen von der Position
der Augen ab. Hundeaugen sind eher seitlich ausgerichtet, sodass sie ein Sehfeld
von 240 Grad haben, Katzen verfügen über ein Sehfeld von etwa 200 Grad und Menschen
von etwa 180 Grad. Das binokulare Feld umfasst bei Hunden (abhängig von der Rasse)
30-60 Grad im Gegensatz zum Menschen mit etwa 140 Grad.
Hunde- und Katzenaugen verfügen über viele Modifikationen, die normalerweise bei
nachtaktiven Jägern gefunden werden. Eine spezielle Schichte (Tapetum lucidum),
die unter der Netzhaut liegt, fungiert als „Spiegel“ – das Licht wird reflektiert,
fällt nochmals auf die Netzhaut, sodass vor allem bei schlechten Lichtverhältnissen
das Licht optimal ausgenutzt werden kann. Dies ist auch der Grund, warum Hunde-
und Katzenaugen bei Dämmerung grün bis gelb „leuchten“, wenn sie z.B. von einem
Autoscheinwerfer angestrahlt werden. Außerdem ist die Anzahl an Stäbchen in der
Netzhaut höher als beim Menschen. Stäbchen benötigen weit weniger Licht, um zu funktionieren
als Zapfen, die für das Farbsehen zuständig sind. Da die Zapfen aber auch für das
Bewegungssehen zuständig sind, ist es bei Hunden bei schlechteren Lichtverhältnissen
besser ausgeprägt als beim Menschen.
Hunde können flimmerndes Licht besser als Menschen sehen. Das mag ein interessanter
Aspekt sein, wenn man sich vor Augen führt, dass Hunde das Fernsehprogramm wohl
eher als eine Serie von unbewegten Bildern sehen.
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Hunde und Katzen keine Farben sehen können.
Für das Farbsehen sind spezielle Nervenzellen der Netzhaut, die Zapfen, verantwortlich.
Sie arbeiten bei guten Lichtverhältnissen. Die zentrale Netzhaut besteht beim Hund
aus etwa 20% Zapfen – beim Menschen sind es 100% (Macula). Verhaltensstudien bei
Hunden haben gezeigt, dass sie zwischen rot und blau unterscheiden können, jedoch
eine grün-rot Schwäche haben. Man spricht also von einem dichromatischem Sehen (2
Zapfenarten) – der Mensch verfügt über ein trichromatisches Sehen (3 Zapfenarten).
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Hund
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Mensch
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Wellenlänge in nm
(Millionstel Millimeter)
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Als Sehschärfe bezeichnet man die Fähigkeit, einzelne Objekte voneinander
unterscheiden zu können. Dies wird beim Menschen mit Hilfe von Sehtafeln getestet
(es müssen Buchstaben unterschiedlicher Größe abgelesen werden). Die Sehschärfe
des Hundes beträgt etwa 20-40% der des Menschen. Das bedeutet, dass ein Hund in
6 Meter Entfernung ein Objekt unterscheiden kann, das ein Mensch schon aus 27 Meter
erkennen kann.
Aus zwei Meter Entfernung kann ein Mensch die links abgebildeten Balken unterscheiden,
ein Hund nur die rechts abgebildeten.
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Die Sehschärfe ist von der Weite der Pupille, der Größe der Linse und Hornhaut
und der Anordnung der Sehzellen – Stäbchen und Zapfen – auf der Netzhaut abhängig.
Die Pupille kann sich verengen und weiten und so den Lichteinfall kontrollieren.
Tiere, die in der Dämmerung aktiv sind, haben oft eine weitere Pupille. Umso weiter
die Pupille ist, umso schlechter ist die Tiefenschärfe. Die Linse ist bei nachtaktiven
Tieren oft dicker und größer.
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